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G.Gordon Liddy, der als Regierungsbeamter die schmutzigen Tricks beim Watergate-Skandal dirigierte, ist 90-jährig gestorben.
Zuerst sah der Einbruch in die Büros der Demokratischen Partei im Watergate-Komplex in Washington aus wie ein drittklassiges Ganovenstück. Doch dann stellte sich heraus, dass die von der Polizei gestellten Täter mit dem Segen von ganz oben gehandelt hatten. Die Einbrecher hätten – wohl mit dem Wissen des damaligen republikanischen US-Präsidenten Richard Nixon – in den Büros der Demokraten Wanzen installieren und Dokumente fotografieren sollen.
Was als alltäglicher Einbruchsversuch angefangen hatte, ging als einer der übelsten Politskandale in die Geschichte der USA ein. Zwei Jahre nach dem Einbruch musste Nixon 1974 zurücktreten.
«Plumbers», Spengler, nannte sich das Trüppchen
G.Gordon Liddy war zusammen mit einem zweiten Regierungsbeamten die treibende Kraft hinter dem Einbruch. Er war im Weissen Haus eigens dafür angestellt worden, um mit schmutzigen Tricks Nixons Wiederwahl zu sichern und das gegnerische politische Lager zu desavouieren.
«Plumbers», Spengler, wurde das Trüppchen der klandestinen Wühlkräfte um Liddy genannt. Sie sollten, auch mit illegalen Aktionen, die Gegner des Präsidenten in der Öffentlichkeit anprangern: Dazu gehörten erfundene Geschichten über Spionage, kompromittierende Vorfälle mit Prostituierten oder auch angeblich geplante Attentate. Zudem soll Liddy eine Gruppe von agents provocateurs befehligt haben, die bei Wahlveranstaltungen des Gegners für Unruhe sorgen sollten.
Geboren wird George Gordon Battle Liddy 1930 im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Später zieht die Familie nach New Jersey, wo Liddy aufwächst und die Schulen besucht. Er ist ein ängstliches Kind, das von Asthma geplagt wird. Doch Liddy will ein richtiger Mann werden, quält sich mit Krafttraining, lernt an Hühnern das Töten, bis er «wie ein Soldat effizient und ohne Emotionen oder Gedanken» töten kann, wie er sagt.
Auf der Spur von Drogenpapst Timothy Leary
Liddy ist als Offizier im Koreakrieg im Einsatz, absolviert danach ein Jusstudium und arbeitet zeitweise in der Kanzlei seines Vaters. Dann wird er FBI-Mitarbeiter und Staatsanwalt. Als solcher ist er in den sechziger Jahren ein erbitterter Gegner des Drogenpapstes Timothy Leary, des Propagandisten der Droge LSD. Liddy erwirkt, dass man Leary verhaftet. Später freilich wird er sich mit ihm versöhnen und in den achtziger Jahren sogar gemeinsam mit ihm auftreten.
Zwischen der Jagd auf Leary und den gemeinsamen Auftritten mit ihm liegen Liddys Jahre im Weissen Haus. Offiziell angestellt als Mitarbeiter des Finanzministeriums, ist er bald für eine kleine und streng geheime Polizei- und Spionagetruppe zuständig, die offiziell «Einheit für spezielle Ermittlungen» heisst.
Vordringliche Aufgabe der Plumbers ist es, zu verhindern, dass Regierungsbeamte geheime Unterlagen aus dem Weissen Haus an die Medien weiterleiten. Der Anlass dafür bildet die Veröffentlichung der sogenannten «Pentagon Papers». Die «New York Times» und die «Washington Post» haben Dokumente öffentlich gemacht, die belegen, wie die US-Regierung ihre Bürgerinnen und Bürger systematisch über den Vietnamkrieg belogen hat.
Liddy soll den Whistleblower im Weissen Haus als kranken Sonderling diskreditieren. Dafür organisiert er 1971 den Einbruch in die Praxis eines Psychiaters, bei dem der Whistleblower in Behandlung ist. Belastende Informationen finden die Einbrecher allerdings nicht. Es sind dieselben Männer, die einige Monate später den Einbruch im Watergate-Komplex durchführen werden.
Der Ex-Agent und Jurist wird Schauspieler und Autor
Als der Watergate-Einbruch schiefgeht und ans Licht kommt, wer ihn organisiert hat, weiss Liddy, was ihm blüht. «Sie haben uns», soll er seiner Frau gesagt haben. Und tatsächlich wird er wegen Verschwörung, Einbruchs und illegalen Abhörens zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Anders als seine Mitangeklagten schweigt Liddy vor Gericht beharrlich über seine Rolle als Chef der Spengler.
Von den zwanzig Jahren sitzt Liddy nur viereinhalb Jahre ab. Er kommt auf Bewährung frei, nachdem der damalige Präsident Jimmy Carter 1977 das Strafmass auf acht Jahre verkürzt hat. Nun beginnt der zweite Teil von Liddys Karriere. Als Anwalt darf er nicht mehr arbeiten. Er wird Schriftsteller und Schauspieler.
1980 erscheint seine Autobiografie, die später auch verfilmt wird. Liddy geht auf Vortragstournee, hat eine eigene Radiotalkshow und tut bei Fox News seine rechtslastigen politischen Ansichten kund. Zudem schauspielert der Glatzkopf mit dem markanten Schnauz in gut zwanzig Kino- und TV-Filmen mit.
In der populären Serie «Miami Vice» mimt er einmal einen CIA-Agenten, der in Nicaragua die Contras unterstützt. In Oliver Stones Film «Nixon» kommt Liddy selbstverständlich vor, wird aber dort von John Diehl dargestellt.
Ein schlechtes Gewissen hat Liddy nie. Reue kennt er nicht. «Ich würde alles wieder so machen, wie ich es getan habe», sagt er zeitlebens. G.Gordon Liddy ist nach längerer Parkinsonkrankheit in Mount Vernon im Gliedstaat Virginia gestorben.
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Urs Tremp
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